Vom Baum zum Bau – Teil 2

Sauerstofflieferant, Kohlenstoffspeicher, Wasserfilter, Holzlieferant, Arbeitsplatz und Erholungsort – das Ökosystem Wald leistet viel und wer kennt den Spruch nicht: „Der Wald ist mehr als die Summe seiner Bäume“? Holz ist auch der Schlüssel für eine biobasierte Kreislaufwirtschaft. In unserer mehrteiligen Beitragsreihe beleuchten wir daher verschiedene Stationen und Herausforderungen entlang der Lieferkette und des Wertschöpfungskreislaufs vom Baum zum Bau und wieder zurück.

Teil 2: Holzernte – wieso, weshalb, warum…

In Bayern sind 37 Prozent der Fläche bewaldet. Dort stehen im Durchschnitt Holzvorräte von ca. 400 Vorratsfestmeter je Hektar – so viel wie sonst nirgends in Europa. Betrachtet man nur die Privatwälder, wo tendenziell zu wenig geerntet wird, steigt der durchschnittliche Vorrat sogar auf über 460 Kubikmeter je Hektar, das ist dann weltmeisterlich.

Um den Wald weiter so leistungsstark für Umwelt, Klima und Mensch zu erhalten, arbeitet die Forstwirtschaft daran, die weitverbreiteten Nadelholz dominierten Wälder in gemischte und gestufte, Laubholz dominierte Mischwälder umzubauen (Teil 1: Waldumbau – Pflanzen oder ungesteuert wachsen lassen?).

Wenn der Wald eine zukunftsstabile Baumartenzusammensetzung bekommen soll und wir diese neuen Waldbilder nicht durch langes Warten, sondern durch aktiven Umbau erhalten wollen, dann ist ein wesentliches Instrument die planvolle Holzernte. Denn nur wo Platz ist, kann Neues wachsen.

Grundsätze der Holzernte zum Waldumbau:

  • Festlegen eines waldbaulichen Ziels unter Rücksichtnahme der örtlichen Gegebenheiten, sprich was ermöglichen der Boden, die Wasserversorgung, der momentane Bestand hinsichtlich Alter, vorhandene Baumarten und sonstigen Bewuchses.
  • Risikominimierung des bestehenden Bestandes durch rechtzeitige Durchforstungen aller Altersstufen – so werden etwa hohe, aber nur oben bekronte (also „kopflastige“) Bäume herausgenommen, denn ihr Risiko etwa bei einem Sturm oder bei Nassschnee umzufallen ist deutlich größer.
  • Konsequente Reduzierung des Anteils von Nadelbäumen, ohne dabei die Struktur des Waldes zu gefährden – Ziel ist es, Wälder mit gesunden, stabilen und nutzbaren Baumindividuen zu schaffen.
  • Förderung bereits bestehender Laubbäume als (zukünftige) Samenlieferanten.

Kurzum: Holzernte schafft Platz für junge Bäume bzw. andere Baumarten. Der Wald wird so besser mit dem zukünftigen Klima zurechtkommen, also stabiler alle seine ökologischen und gesellschaftlichen Funktionen erfüllen und neuen Kohlenstoff binden.

Nachhaltige Waldbewirtschaftung
Grundsätzlich gilt die Prämisse, nicht mehr Holz einzuschlagen als nachwächst. Die nachhaltige Waldbewirtschaftung greift aber weiter. Sie betrachtet auch die ökologische Qualität eines Waldes, seine gesellschaftlichen Funktionen und seinen ökonomischen Wert. Das Besondere am Wald ist, dass wir durch das Fällen einzelner Bäume seine ökologischen, seine ökonomischen und seine gesellschaftlichen Leistungen sichern und teilweise sogar erst ermöglichen oder steigern. Holzernte und Nachhaltigkeit schließen sich also nicht aus, sondern bedingen einander. Der Holzernte kommt dabei die Aufgabe zu, alle anderen Funktionen zu finanzieren. Von der Baumpflanzung bis zur Unter-Schutz-Stellung als ökologische Vorrangfläche.

In Bayern wurden 2021 19 Mio. Erntefestmeter (Efm) geschlagen[1]. Der Zuwachs ist aber deutlich höher, so dass die Forstwirtschaft von Ernterückständen spricht. Bedenkt man wie oben ausgeführt den pflegerischen Aspekt der Holzernte muss man besser von Pflegerückständen sprechen. „Die Wälder wachsen ins Risiko“, denn in der Folge von nicht durchgeführten Ernten drohen, Sturmschäden, Käferkalamitäten, nicht angepasste Bestände und ein Wald, der den zu erwartenden Klimaherausforderungen nicht trotzen kann. Die fachgerechte und nachhaltige Waldbewirtschaftung ist so wichtig, dass es verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten für Waldbesitzer gibt:

  • Beratungen der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten,
  • Bewirtschaftungsverträge der Waldbesitzervereinigung
  • Förderprogramme für den Waldumbau.

Auch Privatleute können den Waldumbau unterstützen: In dem sie mit Holz bauen, Holzprodukte verwenden und den Wald als Klimaopfer und Klimaretter gleichermaßen verstehen. Schützen und Nutzen ist die Devise.

Aber wie kommt der Baum ins Sägewerk?
Viele Waldbesucher empfinden moderne Holzerntemaschinen als bedrohlich, zumindest als störend. Andere sehen vor allem die teils tiefen Spuren und sind aus Sorge um den Waldboden skeptisch. Aber Waldarbeit ist eine sehr anstrengende und unfallträchtige Tätigkeit, insbesondere in Zeiten von Trockenheit (Totäste können abfallen) oder nach Sturmereignissen. Es ist ein Gebot der Fürsorge, den Maschineneinsatz zu maximieren, denn Maschineneinsatz rettet Menschenleben. Und ja, gerade direkt an den Hauptwegen sind die sichtbaren Fahrspuren natürlich am meisten belastet, gleichzeitig sorgen diese sogenannten Rückegassen dafür, dass nur ein Bruchteil des Waldes befahren werden muss und manchmal entstehen dort sogar wertvolle Sekundärbiotope. Trotzdem ist es richtig, dass moderne Holzerntemaschinen (Harvester) und motorisierte Bergehilfen (Forwarder) mit Kettenantrieben, Schreittechnik oder Niederdruckreifen besonders ihre Ökosystemfolgen zu minimieren suchen.  Bei richtig geplanter Holzernte vergehen zwischen den Befahrungen ca. zehn Jahre, genug Zeit für den Boden, um sich zu regenerieren.  


[1] https://www.lwf.bayern.de/forsttechnik-holz/holzmarkt/051095/index.php

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