Biokunststoffe – Die Natur zeigt den Weg
Die Natur lieferte das Vorbild für Reaktionen zur Herstellung verschiedenster Polymere. Durch die Photosynthese wird beispielsweise aus Kohlendioxid (CO2), Wasser und Sonnenenergie zunächst Glucose und daraus anschließend diverse Biopolymere in Form von Kohlenhydraten gebildet. Wichtige Beispiele hierfür sind Cellulose und Stärke.
Das Grundprinzip ist dabei, kleinere chemische Grundbausteine (sog. Monomere) chemisch aneinander zu binden und zu energiereichen Makromolekülen aufzubauen. Diese dienen in den Pflanzen meist als Stütz- oder Speicherstoffe. Der Mensch nutzt die so entstandenen “Biopolymere” in Form von Stärke, Holz oder Baumharzen schon seit Urzeiten als Nahrung, Werkzeug, Kleidung oder Baumaterial.
Modifizierte Biopolymere – halb-synthetisch
Ab dem 17. Jahrhundert begannen Naturforscher damit, Biopolymere chemisch zu modifizieren, um neuartige Eigenschaften zu erreichen. Die dabei entwickelten ersten Kunststoffe wie Gummi, Linoleum oder Celluloid, werden auch als halb-synthetische Kunststoffe bezeichnet und gehören aufgrund ihrer biogenen Rohstoffbasis zu den ersten Biokunststoffen.
Beispiel: Gummi
Fossil basiert
Die fossilen Rohstoffe Erdöl und Erdgas gewannen aber immer mehr an Bedeutung und schließlich wurden die ersten rein fossil-basierten bzw. vollsynthetischen Kunststoffe entwickelt. Auch die Entstehung der fossilen Rohstoffe beruht auf der Umwandlung von Naturstoffen, unter hohem Druck und hohen Temperaturen im Erdinneren, zu einem energiereichen Gemisch von Kohlenwasserstoffen.
Beispiel: Polyethylen (PE)
Zur Herstellung von Polyethylen muss das Erdöl oder Erdgas zunächst energieintensiv zu Ethylen aufgespalten und anschließend mit Hilfe von Katalysatoren zu Polyethylen polymerisiert werden.
Biobasiert – Drop-In
Die Herstellung von biobasiertem PE, einem sogenannten Drop-In-Biokunststoff, ist mit der Herstellung von fossil-basiertem PE weitestgehend identisch. Die beiden Prozesse unterscheiden sich aber in der Gewinnung des Grundbausteins bzw. Monomeres Ethylen. Im Fall von biobasiertem PE wird Zucker oder Stärke mit Hilfe von Hefen fermentiert (=vergoren) und das dabei entstehende Ethanol durch Dehydratisierung zu Ethylen umgewandelt. Sowohl das dabei gewonnene Ethylen, als auch das daraus hergestellte Polyethylen sind mit den petrochemisch erzeugten Produkten identisch.
Ähnlich wie bei Biokraftstoffen lassen sich daher zur Produktion auch Mischungen mit unterschiedlich hohem Anteil biobasierten Ethylens verwenden. Auch das entstandene biobasierte PE lässt sich mit konventionellem PE mischen. Um den Anteil biobasierter Rohstoffe in den Endprodukten bestimmen zu können, muss man daher auf die Radiokarbonmethode zurückgreifen. Auf Basis dieser Untersuchung kann der Gehalt biobasierten Kohlenstoffs im Endprodukt gemessen werden und entsprechende Labels mit Prozentangaben als Verbraucherinformation vergeben werden.
Beispiel: biobasiertes Polyethylen (PE)
Biobasiert – chemisch/physikalisch
Bei der Herstellung thermoplastischer Stärke werden Stärkekörner im Extruder thermomechanisch aufgrund der wirkenden Temperaturen und Scherkräfte destrukturiert und anschließend extrudiert. Als Hilfsstoffe kommen hierbei unter anderem Wasser und Glycerin zum Einsatz. Mischungen mit anderen Kunststoffen ergeben sogenannte Stärke-Blends mit größerem Eigenschaftsspektrum.
Beispiel: Thermoplastische Stärke (TPS)
Biobasiert – biotechnologisch
Bei biotechnologischen Herstellungsverfahren werden die gewünschten Biokunststoffe meist als Speicherstoffe direkt in speziellen Bakterienstämmen gebildet. Die eingesetzten Rohstoffe, wie Zucker oder (verzuckerte) Stärke dienen dabei als Nahrung für die eingesetzten Mikroorganismen. Auch hierbei spricht man von einer Fermentation. Um Unterschied zu den anderen Verfahren findet hier auch die Polymerisationsreaktion im Mikroorganismus statt. Anschließend werden die Mikroorganismen aufgelöst und abgetrennt und so das gewünschte Endprodukt extrahiert.
Beispiel: Polyhydroxybutyrat (PHB)
Biobasiert – chemisch neuartig
Bei diesem Herstellungsverfahren werden biobasierte Rohstoffe, wie Zucker oder Stärke mit Hilfe von Fermentation zunächst von Mikroorganismen zu Milchsäure umgewandelt. Die Fermentationsreaktion ist z.B. aus der Herstellung von Sauerkraut bekannt. Die entstandene Milchsäure stellt den Grundstoff für die darauf folgenden chemischen Prozessschritte dar.
Beispiel: Polymilchsäure (PLA)