Nachhaltigkeit – Basisbegriffe
Die Pluralität gesellschaftlicher Ziele und Wertvorstellungen spiegelt sich in den 17 globalen Zielen für nachhaltige Entwicklung wider, den Sustainable Development Goals (SDGs), die im Jahr 2015 von der Weltgemeinschaft beschlossen wurden. Da nicht alle Ziele sofort umsetzbar sind, werden in der Praxis Priorisierungen vorgenommen, und es wird zwischen kurz- und langfristigen Zielen unterschieden. Im Vordergrund stehen die drängenden Herausforderungen Klimawandel, Ressourcenknappheit, Verlust an Biodiversität und Gleichberechtigung der Menschen. Nützliche Bausteine nachhaltiger Entwicklung können Rohstoffeffizienz, Kreislaufwirtschaft, Energieeffizienz und Erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie sein. Biomasse, insbesondere Holz, kann eine Schlüsselrolle als Rohstoff und Energieträger spielen. Zu Zielkonflikten kann es kommen, wenn einerseits Ökologie als Grundlage für das Wirtschafts- und Sozialsystem und somit als wesentliche tragende Nachhaltigkeitsdimension gesehen wird und andererseits aus ökonomischer Sicht die Sicherung der Lebens- und Produktionsbedingungen in den Vordergrund gestellt wird.
Sozial nachhaltige Entwicklung setzt auf Gerechtigkeit: global und über Generationen hinweg. Eine europäische Energiewende, die einen Großteil der globalen Ressourcen für sich reklamieren und weniger einflussreiche Akteure verdrängen würde, wäre sozial nicht nachhaltig. Die umfassende Kreislaufwirtschaft in Verbindung mit Maßnahmen zur Steigerung von Effizienz und Suffizienz kann Lösungen zur Reduzierung des Ressourcenbedarfs liefern, doch müssen auch diese Umsetzungsstrategien im Einzelfall auf soziale Nachhaltigkeit geprüft werden. Häufig stehen den Entlastungen partielle Belastungen von Menschen gegenüber, die zumindest gut kommuniziert und sozialverträglich abgefedert werden müssen; zu klären ist, wer mitgedacht und wer ausgeschlossen wird. Hinsichtlich unternehmerischer Sozialverantwortung ist das Konzept der Corporate Social Responsibility (CSR) von Interesse, es befasst sich mit freiwilligen Beiträgen der Wirtschaft zur nachhaltigen Entwicklung. Zu kritisieren ist die gängige Praxis, nachhaltige Entwicklung so zu priorisieren, dass entweder die ökonomische oder die ökologische Dimension hervorgehoben, der Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit aber vernachlässigt oder unreflektiert als gegeben vorausgesetzt wird.
In der Rohstoffwirtschaft versteht man unter Ressourcen Vorkommen, die noch nicht wirtschaftlich zu fördern sind oder noch nicht sicher nachgewiesen sind, die aber aufgrund geologischer Eigenschaften erwartet werden. So wird die Reichweite der weltweit vorhandenen Erdölreserven mit etwa 14 Jahren angegeben, berücksichtigt man zusätzlich die noch zu erschließenden Ressourcen, dann ergibt sich eine geschätzte Reichweite von insgesamt etwa 40 Jahren. Im Sprachgebrauch der nachhaltigen Entwicklung ist Erdöl eine nicht erneuerbare, endliche Ressource.
Nachhaltiges Handeln berücksichtigt die Bedeutung der Ökosystemleistungen. Systemische Ansätze nachhaltiger Entwicklung gehen davon aus, dass das Anthroposystem mit seinen Marktsystemen in das globale Ökosystem eingebettet und von diesem abhängig ist; die Systeme entwickeln sich dann nachhaltig, wenn sie unter stetigem Wandel fortgesetzt funktionieren und existieren. Zu kritisieren am Konzept der Ökosystemleistungen ist, dass es Lesarten von ihm gibt, nur unterstützende Leistungen zu betrachten, wohingegen solche Leistungen – oder besser: Risiken -, die gegen das menschliche Wohlergehen gerichtet sind, ausgeblendet werden. Mitunter kann es notwendig sein, sich nicht allein auf Ökosystemleistungen zu verlassen, um die Lage des Menschen zu verbessern, sondern gemeinschaftlich aktiv zu werden.
Nachhaltigkeit – Zirkuläres Wirtschaften, Carbon Management
Während in der Linearwirtschaft Rohstoffe und Energie zur Erzeugung von Produkten verwendet werden, die ge- und verbraucht sowie schließlich als Abfall entsorgt werden, ist die Kreislaufwirtschaft getragen von der Idee, Produktion und Verbrauch so zu gestalten, dass das möglichst sparsam verwendete Material so lange wie möglich genutzt, geteilt, geleast, wiederverwendet, repariert, aufgearbeitet und schließlich recycelt werden kann. Ziele sind ein geringerer Ressourcenverbrauch und die Vermeidung von Abfall, damit können unter anderem ein besserer ökologischer Fußabdruck, verringerte Abhängigkeiten und verringerte Kosten, eine gestärkte Zusammenarbeit und ein positives Image verbunden sein. Allerdings gibt es neben vielfältigen Lösungsansätzen auch Hemmnisse bzw. Herausforderungen.
Die Kreislaufwirtschaft ist eine Umsetzungsstrategie nachhaltiger Entwicklung. Sie wird wirksam in Verbindung mit einer Steigerung der Effizienz (Wirtschaftlichkeit, Ressourcenproduktivität), der Konsistenz (Wirksamkeit) und der Suffizienz (vermindertes Anspruchsniveau), wobei der Grundsatz gilt: Was nicht verbraucht wird, muss auch nicht zirkulär verwendet werden. Wichtige Elemente des zirkulären Wirtschaftens sind zirkuläres Bauen, die zirkuläre Nutzung von Kunststoffen und von Elektronik wie Batterien und Photovoltaikanlagen, die Wiederverwendung von Textilien und Verpackungen, die Kaskadennutzung in der Holzwirtschaft und die zirkuläre Kohlenstoffwirtschaft. Große Potenziale stecken in Bauwirtschaft und Gebäuden: Bauen und Wohnen sind für ein Drittel der Treibhausgasentstehung und für die Hälfte des Abfallaufkommens in Deutschland verantwortlich, der Bausektor verbraucht die Hälfte der in Deutschland gewonnenen Rohstoffe. Vermindern lassen sich diese Anteile insbesondere durch Renovierung und Effizienzverbesserung bestehender Gebäude unter zirkulärer Nutzung der Baustoffe und Baumaterialien, nachhaltiger Holzbau inbegriffen.
Allerdings wird ein vollständiger Verzicht auf Kohlenstoff für Energie und Produkte nicht möglich sein. Zwar sind kohlenstofffreie Alternativen in Aussicht, etwa grüner Wasserstoff als Reduktionsmittel in der Eisen- und Stahlindustrie, doch wird der verbleibende Kohlenstoffbedarf durch alternative Kohlenstoffbereitstellungspfade gedeckt werden müssen. Alternative Rohstoffquellen können werkstoffliches und chemisches Recycling kohlenstoffhaltiger Produkte sein, ein Teil des Bedarfs dürfte außerdem durch biogene Ressourcen gedeckt werden können, in welchen der Kohlenstoff durch Photosynthese gebunden ist. Eine weitere Möglichkeit, bereits zirkulierende Kohlenstoffverbindungen als alternative Kohlenstoffquelle zu herkömmlichen fossilen Quellen zu verwenden, ist die Abscheidung und Verwendung von Kohlenstoff aus der Atmosphäre sowie aus Prozessen und Abgasen, auch bezeichnet als Carbon Capture and Utilization (CCU). Ziel der zirkulären Kohlenstoffwirtschaft ist es somit, durch Kohlenstoffmanagement die Emissionen von CO2 zu senken und Rohstoffalternativen bereitzustellen.
Weitere Informationen liefert das C.A.R.M.E.N.-Positionspapier „Carbon Capture, Utilization and Storage“.
Vom CDR ist die Reduzierung und die Verzögerung schwer vermeidbarer oder unvermeidbarer CO2-Emissionen zu unterscheiden: Die Reduzierung nicht vermeidbarer fossiler CO2-Quellen aus Energiebereitstellung und aus Prozessemissionen, beispielsweise der Zementherstellung, erfolgt durch die Verbringung des Kohlenstoffdioxids in unterirdische Lagerstätten (Carbon Capture and Storage – CCS), die Verzögerung erfolgt durch Speicherung des Kohlenstoffs in möglichst dauerhaften Produkten (Carbon Capture and Utilization – CCU). Generell gilt der Grundsatz, dass sowohl CDR als auch CCU/S nicht die Einsparbemühungen unterlaufen dürfen; sie dienen dem Erreichen der Netto-Null-Ziele, CDR ist eine zusätzliche Option zum Ausgleich von Restemissionen mit netto-negativer Emissionsbilanz.
Weitere Informationen liefert das C.A.R.M.E.N.-Positionspapier „Carbon Capture, Utilization and Storage“.
Weitere Informationen liefert das C.A.R.M.E.N.-Positionspapier „Carbon Capture, Utilization and Storage“.
Die Europäische Kommission geht davon aus, dass durch Vorreiterprojekte europaweit bis 2030 insgesamt 5 Mt CO2 der Atmosphäre entzogen werden können, bis 2050 sollen es bis zu 200 Mt CO2 sein; dabei handelt es sich um so genannte schwer vermeidbare Emissionen sowie um so genannte Restemissionen, die nach Ausschöpfung aller Einsparungen aus der Atmosphäre zu beseitigen sein werden. Generell gilt der Grundsatz, dass CCS nicht die Einsparbemühungen unterlaufen darf, sondern eine zusätzliche Option für schwer vermeidbare und perspektivisch für Restemissionen ist. Aufwand und Risiken beschränken die Potenziale. Die unterirdische Einlagerung ist mit Umweltrisiken, mit langfristigen Planungs- und Umsetzungszeiträumen und jedenfalls anfangs mit erheblichen Kosten verbunden. Der Energieaufwand für Abscheidung, Transport und Speicherung ist groß.
Weitere Informationen liefert das C.A.R.M.E.N.-Positionspapier „Carbon Capture, Utilization and Storage“.
Die Bioenergietechnologie mit Kohlenstoffabtrennungs- und Sequestrierungsansätzen ist außerhalb Deutschlands erprobt, vor allem in der Ethanolerzeugung, in welcher CO2 als Nebenprodukt in hoher Reinheit anfällt. Ebenso besitzen einzelne Biomasse(heiz)kraftwerke eine CCS-Erweiterung. Weitere Anlagen sind geplant. Da die CO2-Abtrennung Bestandteil der Bereitstellung von Biomethan ist, werden hier ebenfalls Potenziale gesehen. Zur Minimierung des Aufwands für den CO2-Transport stehen Großanlagen im Vordergrund. Eine Zwischennutzung des abgeschiedenen Kohlenstoffdioxids bzw. dessen Abgabe an die Erzeugung langfristiger Produkte ist möglich (Carbon Capture and Utilization – CCU). Das Entnahmepotenzial von BECCS ist relativ groß.
Allerdings verursachen Abtrennung und Transport des CO2 höhere Kosten gegenüber herkömmlichen Bioenergieanlagen ohne CCS-Kopplung. Der zusätzliche Energieaufwand reduziert die Effizienz der Gesamtanlage, wobei das technische Potenzial hauptsächlich durch das Angebot nachhaltiger Biomasse limitiert ist. Demzufolge muss davon ausgegangen werden, dass bei gleichbleibendem Biomasseangebot der Endenergiebeitrag der Biomasse durch BECCS vermindert werden würde. Gegenüber natürlichen Senken wie Moore und Wälder kann BECCS mit diversen Umweltrisiken verbunden sein: Risiken geologischer Speicher des CCS, biomasseinduzierte Einflüsse auf Ökosysteme, Wasserhaushalt, Boden- und Wasserqualität, Klimawirkungen durch Düngemitteleinsatz und Bodenbearbeitung, außerdem Flächenkonkurrenz und Landnutzungsänderungen. Der in der EU geplante Rechtsrahmen, etwa die novellierte Erneuerbare-Energien-Richtlinie, soll solchen Umweltrisiken des BECCS entgegenwirken.
Weitere Informationen liefert das C.A.R.M.E.N.-Positionspapier „Carbon Capture, Utilization and Storage“.
Am Ende der Nutzungskette sollte die dauerhafte Speicherung des Kohlenstoffs stehen (Carbon Capture, Utilization and Storage – CCUS), somit wäre mit dem Kohlenstoffrecycling gleichzeitig eine technische Lösung zur Verminderung der Konzentration des Treibhausgases CO2 in der Atmosphäre gegeben. Falls das abgeschiedene CO2 am Ende der Nutzungskette erneut in die Atmosphäre gelangen würde, beispielsweise indem ein aus dem CO2 erzeugter Kraftstoff zur Energiebereitstellung verbrannt wird, wäre der Ausstoß des abgeschiedenen CO2 lediglich zeitlich und örtlich verlagert, jenseits der Substitution fossiler Rohstoffe wäre damit keine langfristige Speicherung gegeben. Aus diesem Grund werden Anwendungen diskutiert, bei welchen der Kohlenstoff langfristig z.B. in Baustoffen gebunden bleibt. Aus Klimaschutzgründen wäre es darüber hinaus wichtig, dass entlang der Wertschöpfungskette keine zusätzlichen Treibhausgasemissionen ausgelöst werden, deshalb sollte nicht nur auf die Verwendung vermeidbaren fossilen Kohlenstoffes verzichtet werden, die verwendeten Hilfsstoffe wie Wasserstoff sollten ebenfalls treibhausgasneutral sein, und der energetische Gesamtaufwand sollte ausschließlich mit Erneuerbaren Energien gedeckt werden. Zwar scheint CCU theoretisch dazu in der Lage zu sein, den gesamten petrochemischen Markt bedienen zu können, doch dürfte insbesondere das Potenzial Erneuerbarer Energien für den Prozess limitierend wirken. Die gegenwärtig diskutierten CCU-Anwendungen sind mit einem erheblichen Energieaufwand verbunden.
Weitere Informationen liefert das C.A.R.M.E.N.-Positionspapier „Carbon Capture, Utilization and Storage“.
CCUS hat das Ziel, die verbleibenden fossilen Rohstoffe in ihren Lagerstätten zu belassen und den fossilen Kohlenstoff möglichst durch Mehrfachverwendung des Kohlenstoffdioxids (CO2) zu substituieren. Das Produkt, welches aus dem CO2 eines Abgases oder der Atmosphäre erzeugt ist, wirkt bereits kurz- oder längerfristiger als Kohlenstoffspeicher. Am Ende der Nutzungskette wird der Kohlenstoff möglichst dauerhaft der Lithosphäre oder einem langlebigen Produkt wie beispielsweise einem Baustoff zugeführt.
CCUS kann auch in Deutschland Bedeutung erlangen und im Sinne einer Kreislaufwirtschaft als Kohlenstoffrecycling verstanden werden. Ziel der zirkulären Kohlenstoffwirtschaft ist es, durch Kohlenstoffmanagement die Emissionen von CO2 zu senken und Rohstoffalternativen bereitzustellen. Allerdings stehen diese Technologien noch am Anfang ihrer Entwicklung. Um breitere Bedeutung erlangen zu können, sind eine Transformation der Industrie, ein massiver Ausbau Erneuerbarer Energien, ein Ausbau der Infrastruktur (Transport und Speicherung vor allem von CO2, H2 und Erneuerbare Energien) sowie begleitende Maßnahmen wie ein passender Rechtsrahmen und finanzielle Anreize notwendig.
Weitere Informationen liefert das C.A.R.M.E.N.-Positionspapier „Carbon Capture, Utilization and Storage“.
Im Gegensatz zu den technischen Lösungen des Carbon Dioxide Removal (CDR) kommen die Senken des natürlichen Klimaschutzes ohne Transport- und Verbringungsinfrastruktur und mit relativ kleinem Energieaufwand aus; Boden und Pflanze übernehmen die gesamte Senkenleistung einschließlich Abscheidung und Speicherung. Außerdem sind die Maßnahmen häufig mit weiteren Zwecken verbunden, beispielsweise können sie zur Steigerung der Biodiversität und zur Verbesserung des Wasserhaushalts im Boden beitragen. Ihre Wirksamkeit ist dementsprechend umfangreicher. Von Nachteil ist die eventuell nicht gewährleistete Langfristigkeit, z.B. können Dürreereignisse, Waldbrände, Kalamitäten und geänderte Bewirtschaftung eine Wiederfreisetzung des Kohlenstoffs in die Atmosphäre bewirken. Hinsichtlich Nahrungsmittelversorgung und Kosten können sich sowohl Synergien als auch Zielkonflikte ergeben.
Die Europäische Kommission geht davon aus, dass durch naturbasierte Vorreiterprojekte des Carbon Farming und durch Speicherung in dauerhaften Produkten, insbesondere in nachhaltigen Baustoffen (z.B. Holzproduktespeicher), ein signifikanter Beitrag zu den LULUCF-Zielen geleistet werden kann. Zum Anschub von Investitionen und zur Klärung wichtiger vertrauensbildender Fragen wie Langfristigkeit und Zusätzlichkeit der Maßnahmen ist ein Zertifizierungsrahmen in Vorbereitung (Union Certification Framework for Carbon Removals).
Weitere Informationen liefert das C.A.R.M.E.N.-Positionspapier „Carbon Capture, Utilization and Storage“.
Weitere Informationen liefert das C.A.R.M.E.N.-Positionspapier „Carbon Capture, Utilization and Storage“.