Biokunststoffe sind eine Gruppe von Kunststoffen, die sich durch besondere Eigenschaften auszeichnen. Die Vorsilbe „Bio“ kann auf die Herstellung aus biogenen Rohstoffen oder die biologische Abbaubarkeit des Materials hinweisen. Der Begriff ist nicht gesetzlich geschützt und steht im Gegensatz zu seiner Verwendung bei Bio-Lebensmittel, weder für den biologischen Anbau der Rohstoffe noch für mögliche gesundheitliche Vorteile des Materials.
Anders als jedoch in verschiedenen aktuellen Presseberichten dargestellt, sind Biokunststoffe genau so sicher wie konventionelle Kunststoffe. Denn auch Produkte aus biobasiertem und biologisch abbaubarem Kunststoff müssen vor ihrer Marktzulassung in der Europäischen Union (EU) dieselben Testverfahren wie herkömmliche Kunststoffprodukte durchlaufen.
“Die Behauptung, dass Erzeugnisse aus biobasiertem Kunststoff schädliche Chemikalien aufweisen, ist aufgrund der zahlreichen, vorgeschriebenen Tests nicht haltbar”, kritisiert der Geschäftsführer des Verbands European Bioplastics e.V. und bezieht sich auf die Aussage einer Studie, die jüngst von einer Forschergruppe der Universität Frankfurt veröffentlicht wurde. Die Methodik der Studie, in der Biokunststoffprodukte einem Migrationstest unterzogen wurden, sei äußerst fraglich und weiche wesentlich von der Methodik der EU-Testverfahren ab. “Das resultierende Testergebnis der Frankfurter Studie stellt auch keine spezifische Besonderheit für Biokunststoffe dar. Vielmehr führt die abweichende Methodik auch bei der Untersuchung von herkömmlichen Kunststoffprodukten zum gleichen Ergebnis”, erklärt von Pogrell.
Für Kunststoffprodukte, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, gelten in der EU strenge Vorgaben, welche von biobasierten und herkömmlichen Kunststoffen gleichermaßen einzuhalten sind. Die maßgebliche Verordnung (VO (EU) Nr. 10/2011) enthält insbesondere Vorgaben für Migrationsprüfungen. Der sogenannte Migrationsgrenzwert gibt die zulässige Höchstmenge eines Inhaltsstoffes für den Übergang auf Lebensmittel an. Mit Hilfe des Grenzwertes wird sichergestellt, dass Lebensmittelkontaktmaterial kein Gesundheitsrisiko für Verbraucher darstellt. Neben dem Migrationstest wird bei Materialien, die aus mehreren Komponenten bestehen, die Zusammensetzung überprüft. Bei deren Herstellung dürfen nur solche Stoffe und Materialien verwendet werden, die von der EU in einer Unionsliste als ungefährlich bewertet sind.
Kunststoffe, die als biologisch abbaubar beziehungsweise kompostierbar zertifiziert werden sollen, müssen sich zusätzlichen Tests unterziehen. “Produkte aus Biokunststoff absolvieren damit sogar mehr Testverfahren als herkömmliche Kunststoffprodukte”, erklärt Hasso von Pogrell, Geschäftsführer von European Bioplastics (EUBP).
Bei bioabbaubaren Kunststoffen, die gemäß EU-Standard EN 13432 für die industrielle Kompostierung zertifiziert sind, wird unter anderem ein festgelegter Grenzwert für Schwermetalle und andere toxische und gefährliche Stoffe vorgegeben. Darüber hinaus wird nach Maßgabe der OECD ein Ökotoxizitätstest durchgeführt. Dieser überprüft mögliche Auswirkungen des industriellen Komposts auf das Pflanzenwachstum sowie dessen toxikologische Unbedenklichkeit gegenüber Mikroorganismen. Im Boden biologisch abbaubaren Mulchfolien aus der Landwirtschaft, die gemäß EU-Standard EN 17033 zertifiziert sind, müssen strenge SVHC-Richtlinien (SVHC = Substances of very high concern) einhalten. Dadurch wird sichergestellt, dass die Folien keine besonders besorgniserregenden Stoffe enthalten. Neben einem weiteren Test zur Nitrifikationshemmung werden in einem zusätzlichen Verfahren auch bei dieser Zertifizierung negative Auswirkungen auf Bodenorganismen, wie zum Beispiel Regenwürmer, ausgeschlossen. Im Standard zur Heimkompostierung von Tragetaschen (prEN 17427), der zeitnah vom Europäischen Komitee für Normung (CEN) veröffentlicht werden soll, werden die Testverfahren noch einmal festgehalten.
Gleichzeitig weisen auch die Macher der Studie darauf hin, dass Verallgemeinerungen über enthaltene Schadstoffe in Biokunststoff-Produkten nicht möglich wären. Im Gegenteil, denn es konnte gezeigt werden, dass komplett sichere Biokunststoffprodukte auf dem Markt seien, die sich in der Untersuchung frei von schädlichen Chemikalien zeigten und als Best-Practice-Beispiele genutzt werden können.
Darüber hinaus könne die chemische Sicherheit von Materialien weiter optimiert werden, indem „grüne“ Chemie schon bei der Entwicklung neuer biobasierter und biologisch abbaubarer Materialien gezielt eingesetzt und potenzielle Schadstoffe gezielt vermieden werden. Neben den Aspekten der menschlichen Gesundheit müsse auch der Kohlenstoff-, Energie-, Wasser- und Landfußabdruck weiter verkleinert werden, so die Macher der Studie.
Gerade Biokunststoffe bieten hier das deutlich größere Potenzial zur weiteren Verbesserung der Nachhaltigkeit von Kunststoffprodukten.
Die Originalversion der Pressemitteilung von European Bioplastics finden Sie unter: