Photovoltaikanlagen, bei denen zugleich zur Stromerzeugung eine landwirtschaftliche oder gartenbauliche Nutzung der Fläche erfolgt („Agri-PV“), und Anlagen auf entwässerten und landwirtschaftlich genutzten Moorböden, die wiedervernässt werden sollen („Moor-PV“), fallen unter bestimmten Voraussetzungen in die Kategorie der sogenannten „besonderen Solaranlagen“.
Diese Anlagentypen unterscheiden sich von klassischen Freiflächen-Photovoltaikanlagen vor allem dadurch, dass sie neben dem Solaranlagenbetrieb ein zweites Flächennutzungsziel verfolgen oder neue Flächenpotentiale erschließen.
Für besondere Solaranlagen können zudem einige gesetzliche Vereinfachungen und Begünstigungen bestehen. So können diese beispielsweise eine Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erhalten, ohne dabei an die EEG-Flächenkulisse für reguläre Freiflächenanlagen gebunden zu sein.
Um die Vereinfachungen in Anspruch nehmen zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Diese werden zum einen direkt im EEG-Gesetzestext definiert und zum anderen durch Festlegungen der Bundesnetzagentur erweitert und konkretisiert.
Im EEG sind hinsichtlich der möglichen Standorte etwa explizit Moorböden und Flächen in Naturschutzgebieten und Nationalparken als Standorte für Agri-PV-Anlagen ausgenommen. Bei Standorten auf Dauergrünland oder Dauerweideland („Grünland-PV“) erweitern sich diese Ausschlussflächen um Natura 2000-Gebiete sowie um Lebensraumtypen gemäß Anhang I der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie).
Die weiteren Anforderungen an die Ausgestaltung, den Betrieb und die Nachweispflichten besonderer Solaranlagen werden aktuell in zwei Festlegungen der Bundesnetzagentur definiert. Für Anlagen auf Gewässern, Parkplätzen und landwirtschaftlich genutzten Flächen ausgenommen Dauergrünland besitzt die Festlegung vom Oktober 2021 weiterhin Gültigkeit (→ zur Festlegung).
Die Anforderungen an die neuen Anlagenkategorien des EEG 2023 auf Dauergrünland und entwässerten Moorböden, die wiedervernässt werden sollen, wurden nun erstmalig in einer zweiten Festlegung durch die Bundesnetzagentur veröffentlicht (→ zur Festlegung). Diese gilt mit Wirkung zum 1. Juli 2023 sowohl für Anlagen, deren anzulegender Wert gesetzlich festgeschrieben ist, als auch für die Ausschreibungen der Bundesnetzagentur ab diesem Datum.
Bei einer Doppelnutzung von Flächen in Form von Grünland-Photovoltaikanlagen darf gemäß dieser Festlegung die Grünlandbewirtschaftung durch die Solaranlage nicht erheblich beeinträchtigt werden. Hinsichtlich der Anforderungen an die landwirtschaftliche Nutzbarkeit verweist die Bundesnetzagentur bei Agri-PV-Anlagen allgemein auf die Einhaltung der DIN SPEC 91434 als Stand der Technik. Diese unterscheidet grundsätzlich zwischen zwei Anlagentypen:
- Kategorie I: Die Bewirtschaftung findet unter der hoch aufgeständerten Anlage statt.
- Kategorie II: Die Bewirtschaftung findet zwischen den Anlagenreihen der bodennahen Anlage statt.
Die Verringerung der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche durch Aufbauten und Unterkonstruktionen wird durch die DIN SPEC in Kategorie I auf maximal 10 % und in Kategorie II auf maximal 15 % der Gesamtfläche beschränkt. Die Einhaltung dieser zulässigen Flächenverluste ermöglicht zudem weiterhin eine Inanspruchnahme von GAP-Direktzahlungen für 85 % der Fläche (vgl. § 12 Abs. 5 GAPDZV).
Bei Inbetriebnahme der Anlage muss der Stand der Technik dem Netzbetreiber anhand eines Gutachtens nachgewiesen werden. Weiterhin ist dem Netzbetreiber alle drei Jahre ein Nachweis vorzulegen, dass die Bewirtschaftung als Dauergrünland in den vergangenen drei Jahren erfolgt ist.
Bei PV-Ausschreibungen der Bundesnetzagentur erhalten Agri-PV-Anlagen der Kategorie I zudem aufgrund des höheren Materialeinsatzes einen Zuschlag auf den jeweils erfolgreichen Gebotswert. Dieser beträgt für das Jahr 2023 1,2 Cent/kWh (vgl. § 38b Abs. 1 EEG).
Um Anreize für die Wiedervernässung von trockengelegten Moorflächen bei gleichzeitigem Ausbau der Erneuerbaren Energien zu schaffen, wurde im EEG 2023 die Moor-Photovoltaik als neue Flächenkulisse eingeführt. Diese Anlagenkategorie bezieht sich auf Standorte mit Moorboden, der entwässert und landwirtschaftlich genutzt worden ist, und im Zuge der Errichtung der PV-Anlage dauerhaft wiedervernässt wird (z. B. durch die Beseitigung von Drainagen oder das Aufstauen von Entwässerungskanälen).
Mit dem Bau der Solaranlage darf hierbei bereits vor Beginn der baulichen Maßnahmen zur Wiedervernässung begonnen werden, um die Befahrbarkeit der Fläche nicht unnötig einzuschränken.
Bei Inbetriebnahme ist dem Netzbetreiber anhand eines Gutachtens nachzuweisen, dass Errichtung und Betrieb dem Stand der Technik für derartige Anlagen entsprechen. Die Festlegung verweist hier beispielsweise auf entsprechende Abstände zwischen den Modulreihen und zum Boden, um eine Vegetationsentwicklung unter der Anlage zu ermöglichen. Weiterhin ist der Eintrag schädlicher Substanzen wie beispielsweise Schwermetalle zu vermeiden sowie ein rückstandsloser und bodenschonender Rückbau zu ermöglichen. Eine landwirtschaftliche Nutzung der Fläche (Paludikultur oder Beweidung) ist allerdings möglich.
Das Ziel einer dauerhaften Wiedervernässung gilt gemäß der Festlegung dann als gegeben, wenn der Grundwasserstand spätestens nach fünf Jahren die anzustrebenden Mindestwasserstände erreicht. Diese betragen im Winterhalbjahr wenigstens 10 cm unter Flur und im Sommerhalbjahr wenigstens 30 cm. Als Nachweis für deren Erreichung und den Abschluss der baulichen Maßnahmen ist dem Netzbetreiber innerhalb von fünf Jahren nach Inbetriebnahme eine behördliche Bestätigung oder ein entsprechendes Gutachten vorzulegen.
Anhand dieser Anforderungen soll sichergestellt werden, dass durch derartige Projekte ein nachhaltiger Beitrag zu Klimaschutz und Biodiversität geleistet wird, ohne die Stromerzeugung unverhältnismäßig einzuschränken. Um die Mehrkosten für die besonderen Anforderungen des Anlagendesigns zu berücksichtigen, erhalten Moor-PV-Anlagen bei Teilnahme an einer Ausschreibungsrunde außerdem einen Zuschlag von 0,5 Cent/kWh auf den erfolgreichen Gebotswert (vgl. § 38b Abs. 1 EEG).
Allgemeine Informationen zu Moor-PV-Anlagen bietet die Informationsbroschüre „Photovoltaik auf wiedervernässten Moorböden – Eine neue Flächenkulisse im EEG 2023“ des Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE).
Weitere Informationen zu den rechtlichen Vorgaben für Agri- und Moor-PV-Anlagen finden Sie auf der Webseite der Bundesnetzagentur sowie der Clearingstelle EEG|KWKG:
- “Unter welchen Voraussetzungen sind sog. „Agri-PV-Anlagen“ nach dem EEG förderfähig?“
- “Unter welchen Voraussetzungen sind Solaranlagen auf Moorböden nach dem EEG 2023 förderfähig?“
Ein Branchenverzeichnis für den Bereich Agri-Photovoltaik kann auf der Webseite von LandSchafftEnergie abgerufen werden.
Stand: 30.06.2023