Zahlreiche vorteilhafte Eigenschaften und Auswirkungen auf Klima und Umwelt verschaffen Hanf einen wichtigen Stellenwert im Hinblick auf die Erreichung der europäischen Klimaziele. Unter anderem kann Sommerhanf in wenigen Monaten so viel CO2 speichern, wie ein junger Wald (9 – 15 t/ha) und wirkt sich positiv auf die Bodengesundheit und die biologische Vielfalt aus. Hanf bietet sowohl der Landwirtschaft, der Industrie als auch Verbrauchern neue Möglichkeiten. Neben den Samen und deren Inhaltsstoffen für die Lebens- und Futtermittelindustrie finden sich auch für weitere Bestandteile wie Fasern und Schäben innovative Verwertungsmöglichkeiten. Aus Sicht der stofflichen Nutzung spielt Hanf unter anderem in der Textilindustrie, im Bauwesen sowie im Bereich der Verbundwerkstoffe eine zunehmend wichtige Rolle. Unsicherheiten beeinflusst von politischen Entscheidungen, erschwerenden Rechtsgrundlagen und Vorschriften sowie vom bürokratischen Aufwand bremsen jedoch die Euphorie.
Im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) wird der Anbau von Hanf europaweit gefördert (Horizon 2020 und EIP-Agri). Entsprechend erlebt der Anbau von Industriehanf in der EU einen rasanten Zuwachs, wobei sich Frankreich insbesondere in der Faser- und Saatgutproduktion als klarer Vorreiter mit über 70% an der Gesamterzeugung beteiligt. Auch in Deutschland wird der Hanfanbau auf mehreren Ebenen (u.a. von BLE, FNR und StMELF) gefördert, was in den letzten 10 Jahren für einen konstanten Anstieg sorgte. Basierend auf den Daten der BLE zur Verteilung der bundesweiten Anbauflächen auf die Länder, liegt Brandenburg (1.480 ha) knapp vor Niedersachsen (1.215 ha) und Bayern schließt mit 686 ha an dritter Stelle an (siehe Abbildung 1). Das neue Cannabisgesetz soll eine Weichenstellung hin zu Liberalisierung und Internationalisierung der Hanfbranche fördern und ihr einen Aufwind bereiten. Stattdessen zeichnete sich im vergangenen Jahr 2023 eine rückläufige Entwicklung des Hanfanbaus um 16% ab, somit erreicht die Gesamtfläche aktuell etwas weniger als 6.000 Hektar.
Abbildung 1 Anbaufläche und Anzahl der Anbauer pro Bundesland 2023
Entsprechend kritisieren Hanfverbände und -bauern die weiterhin bestehende Reglementierung des Nutzhanfanbaus und sprechen sich für gesonderte Rahmenbedingungen bezüglich Industriehanf aus. Die aus dem BtMG übernommene und im Gesetz verankerte „Rauschklausel“ bereitet sowohl Landwirtinnen und Landwirten als auch weiterverarbeitenden Betrieben schwer überwindbare bürokratische Hürden. Sie dient grundsätzlich dazu dem Missbrauch von Industriehanf zu Rauschzwecken entgegenzuwirken und schreibt eine Begrenzung des maximal zugelassenen Grenzwertes für den psychoaktiven Wirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol) auf 0,3 % vor. Aus der Stellungnahme des Branchenverbands Cannabiswirtschaft (BvCW) geht hervor, dass die Extraktion von THC bzw. der Konsum von Industriehanf sowohl „aufgrund der Kosten als auch der komplexen Handhabung wenig plausibel zu sein scheint“. In seiner gegenwärtigen Form bietet der aktuelle Gesetzentwurf somit weiterhin keine attraktiven Bedingungen für die Produktion der Rohstoffe und Zwischenprodukte. Ein breiterer Sortenkatalog, weniger aufwändige Dokumentationspflichten und Kontrollmaßnahmen hingegen würden einen wettbewerbsfähigen Ausbau der Branche begünstigen.
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