Im September lud C.A.R.M.E.N. e.V. in Kooperation mit dem Fachverband Holzenergie (FvH) und dem Fachverband Biogas (FvB) nach Fuchstal zu einem Informationstag für Nahwärmenetzbetreibende ein. 140 Teilnehmende aus Bayern und Österreich nutzten die Gelegenheit, sich mit Kollegen und Kolleginnen auszutauschen und sich über aktuelle Themen zu informieren.
Zu diskutieren gab es viel, denn es herrschen turbulente Zeiten für Nahwärmenetzbetreibende. Sebastian Henghuber (FvH) und Markus Bäuml (FvB) zeigten in ihren Referaten eindrücklich auf, dass die Energie- und Wärmewende ohne Bioenergie nicht zu schaffen ist. Beide forderten daher, die Nutzung des gesamten nachhaltig verfügbaren Biomassepotentials zu ermöglichen. Gerade vor dem Hintergrund des notwendigen Waldumbaus sei es fatal, wenn die Bundesregierung in ihrer derzeit in Vorbereitung befindlichen Biomassestrategie ideologisch geprägt das Biomassepotential begrenze.
Unter anderem in den vergangenen Richtliniennovellen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) war die Wärmeversorgung aus Biomasse immer mehr unter Druck geraten. Darüber informierte Sabine Hiendlmeier von C.A.R.M.E.N. e.V. Sie zeigte aber auch die Förderchancen auf, die sich sowohl für die Neuerrichtung von Wärmenetzen als auch für Erweiterungen ergeben. BEG, BEW und KWKG bieten bei passenden Gegebenheiten Zuschüsse bis zu 40 % an. Darüber hinaus hält das Landes-Förderprogramm BioWärme Bayern attraktive Fördersätze für Biomasseheizwerke mit Nahwärmenetz bereit.
Rechtsanwalt Micha Klewar von Becker Büttner Held bbh erläuterte den politischen Willen zum Ausbau von Wärmenetzen, der sich im jüngst verabschiedeten Gebäudeenergiegesetz – besser bekannt als „Heizungsgesetz“ – und dem Gesetzesentwurf zu kommunalen Wärmeplanung widerspiegelt. Dabei stiegen allerdings die gesetzlichen Anforderungen an Wärmenetzbetreiber stetig, so Klewar. Beispielsweise ergeben sich aus der novellierten AVBFernwärmeV und der FFVAV umfangreiche Veröffentlichungspflichten sowie Vorgaben zur Verbrauchserfassung und Abrechnung der gelieferten Wärme.
Wer langfristig ein Wärmenetz erfolgreich und gesetzeskonform betreiben will, kommt um eine fortlaufende Optimierung und Digitalisierung seines Nahwärmeverbundes nicht umhin. Eine wichtige Stellschraube für Effizienzsteigerungen und die Wirtschaftlichkeit sind niedrige Vor- und Rücklauftemperaturen, deren Effekte Othniel Zaitschek, Vorsitzender der entsprechenden AGFW-Arbeitsgruppe, eindrucksvoll aufzeigte. Matthias Kreuzer vom iWE in Hof gab anschließend einen Überblick über die technischen Anforderungen von fernablesbaren und interoperable Messeinrichtungen, die ab 2027 alte Wärmemengenzähler ersetzen müssen. Nur wer kontinuierlich Messdaten erhebt und diese auch effektiv und nutzbar auswertet, kann laut Rupert Wieser von der Naotilus GmbH Probleme lokalisieren und die Gesamteffizienz steigern. Er bietet seinen Kunden dafür eine digitale Plattform an.
Nahwärme auf der Basis von Bioenergie ist in Bayern weit verbreitet. Zukünftig sollen jedoch immer mehr sogenannte mulitvalente Wärmenetze entstehen. Dabei wird nicht nur auf Solarthermie im großen Maßstab gesetzt, sondern bei neueren Projekten werden auch Großwärmepumpen mit in die Planung einbezogen. Über diese Technologie informierte die Teilnehmer Karl Ochsner von der Ochsner Wärmepumpen GmbH. Er erläuterte Praxisbeispiele und zeigte die Möglichkeiten für Effizienzgewinne im Zusammenspiel mit einem Biomassekesseln auf.
Die Auswahl des Tagungsorts fiel auf die oberbayerischen Gemeinde Fuchstal, in der seit vielen Jahren die Gemeinde und die Betreibende einer Biogasanlage an einem Strang ziehen und einen Großteil des Ortes mit regenerativer Wärme versorgen. So führte auch der Fuchstaler Bürgermeister Erwin Karg mit einer launigen und mitreißenden Rede in die Veranstaltung ein. Um flexibel auf rechtliche Veränderung reagieren zu können, sei das Energiekonzept in Fuchstal mittlerweile auf viele Beine gestellt, so der Bürgermeister. Primär wird Abwärme einer Biogasanlage, die in einem Großwärmespeicher gepuffert werden kann, in das Netz eingespeist. Die Lastspitzen deckt ein Hackschnitzelkessel ab. Zusätzlich haben die Fuchstaler*innen in Elektrodenkessel investiert, um Überschussstrom aus eigenen Windkraftanlagen im Nahwärmenetz nutzen zu können. Die Kopplung der Sektoren Strom und Wärme sowie die Investitionen in Speicherkapazitäten schaffen Unabhängigkeit und Flexibilität. Davon konnten sich die Teilnehmenden bei der Besichtigung der Heizzentrale im Anschluss an die Veranstaltung überzeugen.
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