Kalte Nahwärme in Schrobenhausen und Königsmoos

Das große Potenzial, mit Wärme aus der Umwelt zu heizen, ist in weiten Teilen noch ungenutzt. In Königsmoos und Schrobenhausen betreibt die Bürger-Energie-Genossenschaft Neuburg-Schrobenhausen-Aichach-Eichstätt kalte Nahwärmenetze, die mittels Erdsonden mit Wärme versorgt werden. Für Gebäudeeigentümer bietet kalte Nahwärme eine umweltfreundliche und denkbar einfache Wärmeversorgung.

Was ist kalte Nahwärme? Ein kaltes Nahwärmenetz arbeitet mit geringeren Betriebstemperaturen als herkömmliche Wärmenetze. Ein frostsicheres Wasser-Glykol-Gemisch, die “Sole” durchfließt das Netz mit Temperaturen zwischen 5 und 25 °C, wie sie im Erdreich herrschen, und liefert den angeschlossenen Abnehmern somit eine Wärmequelle für die Sole-Wasser-Wärmepumpen in den einzelnen Gebäuden. Durch das geringe Temperaturniveau im Netz werden Wärmeverluste während des Transports von der Wärmequelle zu den Abnehmern minimiert und die Leitungen können ungedämmt verlegt werden. Das System nutzt erneuerbare Energiequellen wie Umweltwärme (z.B. aus Flüssen oder Seen), Abwärme aus industriellen Prozessen oder Solarthermie.

Grafik: C.A.R.M.E.N. e.V.

Im Gegensatz zu heißen Nahwärmenetzen sind kalte Nahwärmenetzte meist dezentral, d.h. ohne Heizzentrale aufgebaut. Zunächst werden eine oder mehrere gemeinsam genutzte Energiequellen (z.B. Erdwärme, Flusswasser oder Solarthermie) erschlossen, die Wärme in ein Verteilnetz einspeisen, durch das Sole fließt. Mithilfe von Übergabeschächten gelangt die Sole zu den einzelnen Gebäuden, wo sie als Wärmequelle für die jeweiligen Sole-Wasser-Wärmepumpen zur Verfügung steht. Diese sind an den spezifischen Wärmebedarf der jeweiligen Nutzer für Heizung und Warmwasser angepasst und werden im Optimalfall durch eine eigene Photovoltaik-Anlage mit einem großen Teil des Stroms versorgt. Durch die dezentrale Organisation ist das Netz weniger anfällig für Ausfälle des gesamten Systems. Sollte eine Wärmepumpe oder eine Komponente der zentralen Wärmequelle ausfallen, sind die anderen Einheiten im Netz in der Regel nicht betroffen und können weiter betrieben werden. Zudem kann das Netz leicht erweitert werden, indem zusätzliche Rohrleitungen und entsprechende Wärmepumpen bei den Abnehmern installiert werden. Ein weiterer angenehmer Nebeneffekt ist die Möglichkeit des Kühlens – vorteilhaft für die Abnehmer, aber auch für die Regulation der Energiequelle. Durch die Möglichkeit die Wärmepumpe im Kühlbetrieb zu nutzen, wird die überschüssige Wärme im Sommer nicht verschwendet, sondern in das kalte Nahwärmenetz zurückgeführt. Bei der Nutzung von Geothermie wird beispielsweise die Erde im Sommer abgekühlt.

Drei Neubauquartiere mit Erdwärme versorgt

2023 entstand das Neubaugebiet „Kellerbergbreite“ in Schrobenhausen. Für die Energieversorgung wurden 120 Sonden á 60 m in drei Sondenfeldern verlegt, die dann 65 Netzanschlüsse ermöglichen. Die BEG und die Gemeinde blicken dem Baubeginn auf den ersten Parzellen gespannt entgegen und hoffen auf eine positive Rückmeldung seitens der Anschlussnehmenden.

In Königsmoos wurden seit 2021 bereits zwei Projekte mit kalter Nahwärme umgesetzt. Im Baugebiet Bitterfeld sind 40 Parzellen entstanden, für die 80 Sonden in zwei Feldern installiert wurden. Für die Wärmeversorgung der Bgm.-Bitterwolf-Straße stellen zwei Sondenfelder mit 112 Bohrungen in einer Tiefe bis zu 70 Meter rund 270 kW bereit. Diese konnten mit einer Sickergrube und einer Retentionsfläche kombiniert werden. Die Vorlauftemperatur, die die Häuser erreicht, schwankt jahreszeitlich bedingt zwischen 2 – 16  °C. Wer sich dazu entscheidet, an das kalte Nahwärmenetz anzuschließen, bekommt mit dem Anschluss auch eine PV-Anlage und einen Pufferspeicher zur Maximierung der Eigenstromnutzung. Die Investitionskosten werden über monatliche Raten beglichen, sodass das die Wärmetechnik im Gebäude nach 10 Jahren in den Besitz des Eigentümers übergeht.

Die Bürger-Energie-Genossenschaft Neuburg-Schrobenhausen-Aichach-Eichstätt ist mit der Entwicklung in den vergangenen Jahren sehr zufrieden. Die Umsetzung verlief planmäßig – bisher konnte man nur einen Ausfall verbuchen, der durch das Anbaggern einer Leitung entstand und der innerhalb von drei Stunden behoben werden konnte. Die BEG hat positive Rückmeldungen seitens der Bewohnenden erhalten. Diese schätzen den Komfort, die Zuverlässigkeit und die langfristige Perspektive des Systems, das nicht nur ökologisch nachhaltig, sondern auch ökonomisch vorteilhaft ist.