Juni 2024: Waldumbau und Holznutzung

Der Wald hat (mindestens) ein Problem. Hitze und andere Extremwetter, Borkenkäfer & Co. machen ihm zu schaffen. Darf dann der Mensch auch noch Bäume fällen? Regelmäßig gehen Bilder von Flächenrodungen durch die Medien und die Rufe nach Stilllegungen und Nutzungsverbote werden laut. Aber ist das wirklich die Lösung? Die Antwort darauf ist nicht trivial, denn betrachtet man das Ökosystem Wald, dann gilt es nicht nur verschiedene Standort- und Wachstumsfaktoren zu berücksichtigen, sondern auch Zeitspannen von mehreren Jahrzehnten, die zwischen den Maßnahmen und deren Effekten liegen. Grundsätzlich gilt es, den Wald und seine Leistungen für uns und die Umwelt zu bewahren. Denn er ist nicht nur einer der Leidtragenden des Klimawandels. Er ist auch ein großer Trumpf im Kampf gegen den Klimawandel. Ohne unser Zutun muss der bestehende Wald aber erst zusammenbrechen, bevor durch natürliche Anpassungsprozesse über Jahrhunderte wieder ein stabiler Wald unter den neuen Klimabedingungen entstehen kann. Der Wald hätte die Zeit – wir nicht. Daher ist es in unserem ureigensten Interesse, dass der Wald fachgerecht, zukunftsgewandt und nachhaltig bewirtschaftet wird.

Waldwirtschaftliches Prinzip des „Schützen und Nutzen“

In den bayerischen Wäldern stehen je Hektar zwischen 400 und 500 Vorratsfestmeter Holz (BWI 3). Das ist leider europäischer Spitzenwert – aber warum leider? Weil im Wald nicht immer gilt „viel hilft viel“. Oft ist es umgekehrt, denn mit zunehmendem Holzvorrat sinkt die Verjüngungsquote, steigt der innerartliche Konkurrenzdruck und die Gefahr für biotische und abiotische Schadereignisse. Kurzum: Der Wald wächst ins Risiko. Waldumbau ist daher das Gebot der Stunde. Man könnte auch Zukunftsprogramm oder Fitnesskur des Waldes dazu sagen. Das Ziel ist ein gemischter (verschiedene Baumarten) und gestufter (verschiedene Altersstufen) Wald. Und ja, die Holzernte ist ein Eingriff in das Ökosystem Wald. Aber neben der Holzgewinnung dient diese immer auch der Zukunftssicherung des Waldes. Die Auswahl der Bäume für die Holzernte erfolgt dabei sorgfältig, um die ökologische Balance zu erhalten und um den Fortbestand des Ökosystems zu sichern. Bundes- und Landesgesetze garantieren das Prinzip Nachhaltigkeit, ergänzt durch Fremd- und Eigenüberwachung in zertifizierten Waldbeständen.

Der Wald als Kohlenstoffsenke und Kohlenstoffspeicher

Neben seinen vielen Funktionen wie etwa als Wasserfilter, Lawinenschutz oder auch Erholungsort, ist der Wald vor allem auch eine wichtige Kohlenstoffsenke beziehungsweise ein wichtiger Kohlenstoffspeicher. Die Kohlenstoff-Senkenleistung des Waldes besteht im aktiven Aufnehmen von CO2, bezogen auf einen Zeitraum. Der Kohlenstoffspeicher beschreibt die in einem Baum oder im Wald gespeicherte Menge an Kohlenstoff, bezogen auf eine Fläche. Nähert sich der Wald nach Jahrzehnten der Wachstumsklimax, bleibt der Speicher zwar hoch, aber die Senkenleistung nimmt ab, da alte Bäume absterben und den gespeicherten Kohlenstoff wieder an die Atmosphäre abgeben. In den ersten Jahren nach der Bestandsbegründung ist wenig gespeicherter Kohlenstoff vorhanden, aber eine hohe Senkenleistung zu beobachten. Die Kunst der Waldbewirtschaftung liegt darin, den Wald sowohl als effektiven Speicher zu entwickeln als auch die Senkenleistung der Bäume (einzeln oder als Wald) zu maximieren. Nutzt man das geerntete Holz dann für langlebige Produkte wie etwa im Holzbau, schafft man zusätzlich zum Waldspeicher einen Holz-Produktespeicher und der Waldspeicher kann wieder neu befüllt werden.

Alexander Schulze, C.A.R.M.E.N.-Experte für Wald und Holznutzung

Weitere Informationen rund um das Thema Wald- und Holznutzung finden sich in der C.A.R.M.E.N.-Broschüre „Nachhaltigkeit: Vom Baum zum Bau“ unter www.carmen-ev.de/service/publikationen/