Nach der bayerischen 10 H-Regelung müssen Windräder, gemessen an ihrer Höhe, einen 10-fachen Mindestabstand zur nächstgelegenen Wohnsiedlung besitzen. Dies erschwert die Suche nach potenziellen Standorten. Ob es Möglichkeiten gibt, den 10-fachen Abstand zwischen Windenergieanlage (WEA) und Wohnbebauung zu unterschreiten und was hierzu notwendig ist, beleuchten die nachfolgenden Absätze.
Hintergrund zur 10 H-Regelung
Bayern hat als einziges Bundesland in Deutschland Gebrauch von der Länderöffnungsklausel (§ 249 Abs. 3 BauGB) gemacht und mit Wirkung vom 21.11.2014 eine entsprechende Ausführungsbestimmung in Art. 82 BayBO aufgenommen. Hierdurch wird die Privilegierung von Windenergieanlagen gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB eingeschränkt. Die gesetzliche Privilegierung gilt somit nur noch, wenn ein 10-facher Abstand zwischen Wohnbebauung und Windenergieanlage, gemessen an deren Größe, besteht.
Ziel der 10 H-Regelung
Der für die Energiewende notwendige Ausbau von Windenergieanlagen soll soweit wie möglich im Einvernehmen mit der ansässigen Bevölkerung vor Ort erfolgen. In diesem Sinne verfolgt die 10 H-Regelung das Ziel, einen angemessenen Interessensausgleich zwischen den Anforderungen der Energiewende und den zu berücksichtigenden Interessen der örtlichen Wohnbevölkerung zu schaffen.
Gebäude, die in diesem Zusammenhang von Belang sind
Bei der Standortermittlung für eine einzelne Windenergieanlage oder einen Windpark gilt es einen 10-fachen Abstand zwischen Windenergieanlage und Wohngebäuden einzuhalten. Doch nicht jedes Gebäude, in dem sich potenziell Personen länger aufhalten können oder dies temporär tun, gilt automatisch als Wohngebäude. Von Bedeutung sind alle Wohngebäude mit Bebauungsplänen gemäß § 30 Baugesetzbuch (BauGB) sowie innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile nach § 34 BauGB, in denen Wohngebäude nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO) allgemein zulässig sind. Als zu berücksichtigende Wohngebäude, fallen im Außenbereich diejenigen, die im Geltungsbereich von Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB liegen. Hierunter fallen auch Gebäude, die nur teilweise zu Wohnzwecken genutzt werden. Nicht von Bedeutung in diesem Zusammenhang ist allerdings, ob das Gebäude in der gleichen Gemeinde wie die geplante WEA liegt oder nicht.
Errichtung von Windenergieanlagen mit Abständen von weniger als 10 H
Wie eingangs erwähnt, stellt die 10 H-Regelung keine absolute Regelung dar, die es nicht auch ermöglicht den Abstand der 10-fachen Anlagenhöhe einer WEA zur nächsten Wohnbebauung zu unterschreiten. Gemeinden besitzen aufgrund des BauGB die Befugnis eine hierfür notwendige Bauleitplanung durchzuführen. Entprivilegierte WEA, die im Außenbereich nicht mehr zulässig wären, können mit einem entsprechenden Bebauungsplan Baurecht schaffen. Unberührt hiervon ist die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung sowie die Beteiligung der Nachbargemeinde(n) durch das interkommunale Abstimmungsgebot, gemäß § 2 Abs. 2 BauGB.
Die Bayerische 10 H-Regelung hat nicht zuletzt auf Seiten der Kommunen für viel Verunsicherung, Verzögerungen bei Planungsprozessen oder gar der Einstellung von Windparkplanungen geführt. Ein Ausbau der Windenergienutzung ist jedoch nach wie vor Bestandteil der Energieziele der Bayerischen Landesregierung. Dies wurde u. a. zuletzt durch den bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger Ende 2019 mit der „Windkraftoffensive“ ausgerufen.
Quellen:
Bayerische Staatskanzlei (2019): Bayerische Bauordnung. Abrufbar unter: https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayBO (letzter Abruf 14.09.2020).
Bayerisches Staatsminsterium des Inneren, für Sport und Integration: Ersthinweise bzw. häufige Fragen zur bayerischen 10 H-Regelung. Abrufbar unter: https://www.stmi.bayern.de/assets/stmi/buw/baurechtundtechnik/ersthinweise_zum_inkrafttreten_der10_h-regelung.pdf (letzter Abruf 14.09.2020).
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und Bundesamt für Justiz (2017): Baunutzungsverordnung. Abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/baunvo/ (letzter Abruf 14.09.2020).